Freitag, 27. Januar 2017

Temazcal

Nach dem gestrigen Regentag, ich habe im Grunde den ganzen Tag in meiner Lodge am Laptop verbracht, gib es heute recht früh zum Organic Market im Dorfzentrum. Hier gab es endlich mal halbwegs vernünftiges Brot von einem europäischen Farmer der zumindest mit Vollkorn Weizenmehl bäckt. Auch Schischa ein Fermentiertes Mais-Getränk was etwas an Kombucha erinnert kann man hier für 1$/Liter erwerben.

Dann geht es auf zum „Sacret suenos“, der Permakultur Community in den Bergen.
Der Aufstieg ist durchschnittlich anstrengend und geht oft durch recht Ausgespülte Wanderwege. Diese sind teilweise so gründlich ausgespült das man in einem Canyon von bis zu 3meter höhe läuft und da es gestern regnete sind diese teilweise gründlich verschlammt. Diese sind aber dank meinen neuen „Ziegenverfolgungslatschen“ aber kein Problem.

Auf dem Weg zu „Sacret suenos“ kommen wir an einer Kuhweide welche sehr an eine klassische Alm erinnert vorbei. Wir finden jeder eine Handvoll „Psylo Cubensis“ diese gelb/weisse Pilze mit blau/schwarzen Lamellen sind leicht zu erkennen und für psychoaktive Pilze hier aus unerklärlichen Gründen besonders groß.

Diese auf dem Kuhmist gewachsenen wurden hier wohl auch nicht ganz unbeabsichtigt verbreitet. Mein Reiseleiter berichtet mir das diese hier auch die gelben Lehrer genannt werden und abgesehen von der psychoaktiven Wirkung stark medizinisch auf Knochen Gelenke und Sehnen wirken – und teilweise hauptsächlich deswegen genutzt werden.

Auf dem „Sacret suenos“ angekommen finde ich eine schöne organische Terrasse mit atemberaubendem Ausblick und – JUHU!, genau richtig, ein paar Decken und Kissen für ein Powernap in 2200m Höhe. Nach Mittagessen und Gesprächen mit den Bewohnern geht es dann den Berg wieder hinab – diesmal einen anderen, zauberhaften, Weg bis wir an einem schönen Bunten und vom Leben durchdrungenen Haus ankommen – es gefällt mir hier gleich sehr gut.

Hier Wohnt eine Familie mit Kindern welche einen Laden mit Kosmetik, natürlichen Medizinprodukten und Schmuck im Dorfkern betreibt. Nach der freundlichen Begrüssung bemerke ich zu meiner Freude das auch zwei deutsche Mädels anwesend sind und so kommt man schnell ins Gespräch.

Dann geht es auch gleich los – Schwitzhütte vorbereiten.




Etwas Abseits der Hütte an einem kleinen Bach ist schon das Schwitzhüttengestell dauerhaft aufgebaut und wird schnell mit Decken abgehangen. Die noch Regennasse Feuerstelle wird präpariert und Wasser aus dem Bach rangeschafft. Wir sind ca. 10 Leute und jeder bekommt ein von den Schwitzhütten Steinen gereicht um sich etwas zu wünschen, für sich oder laut in die Runde diese kommen auf die dafür vorbereiteten Holzstämme. Jeder bekommt so 2 bis 3 Steine um sie bewusst auf die Feuerstelle zu legen. Der Zeremonienmeister meint das wir die Steine später wiedererkennen werden. Dann wird gemeinsam das Feuer angezündet, ziemlich aufregendes unterfangen wenn 10 Leute mit Streichhölzern eine nasse Feuerstelle versuchen anzuzünden. Mit Kerzen und Pappe wird nachgeholfen – Es brennt endlich.

Der Zeremonienmeister erzählt das die Schwitzhütte den Bauch der Erdenmutter verkörpert und die heissen, glühenden Steine die Samen der Sonne darstellen. Während der aufreibenden Brut wird dann der neue Mensch aus dem Schwitzhütten – Erd – Körper geboren. Am Feuer sitzend werde ich höflich gebeten mich umzusetzen – verstehe garnicht wieso – AhJa – alles klar, ich sitze zwischen Schwitzhüttentür und Feuerstelle – dieser Weg muss aber frei sein.



Wir sitzen nun alle chillig ums Feuer es wird musiziert geredet - Pfeife geraucht. Nicht für mich denn Ich merke wie die Pilze welche wir bereits auf dem Weg zu Schwitzhütte genascht haben ihrer Wirkung dezent, fast subtil, vorsichtig wie immer ;-) gerecht werden... Auch die Steine werden sichtbar immer heisser.

Der Zeremonienmeister bittet und aufzustehen und bläst jeweils in die 7 Richtungen auf dem magic Muschelhorn. Er bittet die 7 Richtungen, die Geister, um wohlwollen, Schutz und Beistand bei unserer Reise- so richtig im Detail kann ich es auf spanisch zwar nicht verstehen – aber ich habe eine gute Ahnung wohin die Reise geht, das kommt mir doch alles sehr bekannt vor... Nach kurzer Respektvoller Andacht kommen wir wieder in vor freudige Alegria Stimmung mit Musik, trommeln und Rainbowsongs.

An und für sich kommt mir diese Symbiose von bewussten Menschen aus vornehmlich Deutsch und Spanisch sprechenden Menschen sehr bekannt vor - von den Kanaren Gatherings welche ich in den letzen Jahren ja recht häufig besucht hatte. Da haben wir die Deutschen welche sich oft mit ihren schweren Gedanken und Anhaftungen oder gar Komplexen – im Mystischem Sinne könnte man Dämonen sagen, quälen wobei sie doch ganz liebe Menschen sind. Die Spanisch sprechenden Menschen wirken vorerst recht fröhlich, lustig und locker evtl. oberflächlich – Alegria halt. Auch wenn dem Mitteleuropäer auch eine grosse Freude im Herzen wohnt und man dem spanisch, südlichen Temperament auch eine grosse Tiefe zuzuschreiben kann – wenn beide bereit sind dies zuzulassen. An dem heutigen war dies genau so gegeben und hat unsere gemeinsame Reise sehr bereichert.

Auch sehr bereichert hat mich die Erfahrung vom Rappel. Dies ist ein fein gemahlener Schnupftabak welcher mit verschiedensten Kräutern angereichert wird, um diesen mit einem Röhrchen in die Nasenhöhlen gepustet zu bekommen – oder selber zu pusten. Da ich seit einem halben Jahr ein grosse Fan von Schnupftabaken bin habe ich mir die Gelegenheit dies vertrauensvoll ausprobieren zu können natürlich nicht entgehen lassen. Es hat mächtig gebissen, Tränen laufen, aber irgendwie sehr angenehm, aufregend, nicht betäubend sondern richtig klar. Und mir war so als könnte ich meine Aufgaben Blockaden aber auch Potentiale vor und besonders während der Schwitzhütte viel besser, klarer zu erkennen.

Es geht los, der Zeremonienmeister bitte uns sich vorzubereiten, nochmal auf's Klo, naksch machen, Sachen sicher verstauen. Wir werden der Reihe nach vor dem betreten der Schwitzhütte ab geräuchert und betreten die absolut dunkle Schwitzhütte. Während wir sitzen und auf die Steine warten singen wir ein fröhliches Lied auf Spanisch es wird angefügt Liebe, Paz, Alegria, Libertat, Harmonia, Salud, usw... - die Wünsche auf unserer Reise.

Die Schwitzhütten „Porta“ wird geschlossen und das Wasser auf den Steinen mit einem lauten „Aho!“ Begrüsst. Der Zeremonienmeister erzählt währenddessen etwas auf spanisch das ich nur zu 10% verstehen kann – doch da von den anderen Anwesenden, der Liebe und dem Leben zugewandten „Hippies“ keiner rebelliert - gehe ich davon aus das das alles seinen Gang geht und dies auch in meinem Sinne ist. Es wird angenehm warm und so langsam beginne ich um den Kopf zu schwitzen. Wir singen und atmen Tief. Dann ist der erste, milde Gang beendet und die Porta wird wieder geöffnet.

Wieder erwarten gehen wir nicht raus, sondern bleiben sitzen und geniessen die frische Luft. Und wieder das fröhliche Lied auf Spanisch mit unseren Wünschen. Mein innerer Dialog – das ewig selbige Geplapper des eigenen Verstandes, der Konditionierungen ist schon fast verklungen und ich singe fröhlich mit - es fühlt sich leicht und heiter wie in einer lustigen Kindergartengruppe.


Es wird eine Schale mit in Honig getränkten Pilzen gereicht. Ich fische mir andächtig vorsichtig einen kleineren Pilz heraus und lange dann voller Freude nochmal lustvoll den Finger in den unglaublich leckeren Honig. Hm... Währenddessen werden immer mehr Steine in die Schwitzhütte getragen und ich bekomme eine respektable Vorahnung – hatten wir echt soooviele Steine auf dem Feuer?

Die zweite Runde beginnt die „Porta“ wird wieder mit einem lauten Ahooo! Geschlossen. Der Zeremonienmeister kippt haufenweisse Wasser auf die Steine und bittet uns tief zu Atmen. Ich Atme soweit mir möglich – auch wenn das Angst-Blockadebedingt nur ca. 1/3 des gefühlt Möglichen ist – was es auch nicht viel einfacher macht. Die Hitze drückt unerbärmlich vom Kopf bis fast zu den Füssen – es wird wieder gesungen – der Gesang hilft nun sich abzulenken. Die ersten Psychonauten verlassen die Schwitzhütte. Der Zeremonienmeister kippt nachdem die Porta schnell wieder geschlossen wurde den restlichen Wassereimer komplett über die Steine, ein Raunen geht durch die Hütte.

Ich beginne mich zu fragen ob ich auch rausgehen sollte. Aber NEIN! – mein innerer Dialog: „wie soll ich denn meine seit langen anvisierte Ayahuasca „Operation“ überstehen wenn ich nichtmal diese Schwitzhütte durchstehe?“. Ich fühle mich schwach und ohne Erdung, habe das Bedürfnis mich mit dem Bauch auf die Erde zu legen, dazu ist aber kein Platz. Ich helfe mir aus und leite die überschüssige Energie vom Solarplexus mit den Händen in die Erde ab. Und immer wieder Atmen.

Mit einem lauten Ahooo! Bestätigen die Insassen die „Porta“ wieder zu öffnen. Etwa die hälfte der „Passagiere“ verlässt nun die Schwitzhütte und es gibt lange frische Luft, es wird wieder aus haltbar. Ich habe dennoch mächtig mit mir zu tun. Ich frage nach Wasser und ich kill eine halbe Flasche. Wie soll ich die dritte – die nächste Runde überstehen?

Ich frage ob ich mich legen könne, aber der Zeremonienmeister meint das sie mit Vertrauen in Mutter Erde beständig bleiben und wenn es zu arg wird den Kopf nach vorn zur Erde zu legen. Vertrauen! Na super! Da haben wir doch wieder mal so eine Baustelle...
Er erzählt das die nächste „Porta“ nun die „Porta“ zum sterben sei. Ich verstehe - das alte mystische Schamanen-Ding, altes nichtmehr nötiges, überwundenes stirbt und wir legen es ab wie eine Schlange ihre alte Haut. Da habe ich natürlich echt Bock drauf und es motiviert mich zu bleiben und das jetzt einfach mal durchzustehen.


Ich erkenne den grossen Stein wieder, welchen ich zu Beginn in die Hand bekommen hatte, um ihn aufzuladen und auf die Feuerstelle zu legen. Er glüht bedrohlich vor mir... Aha! Nach einem weiteren kräftigen Schluck Wasser schliesst sich die „Porta“ wieder. Der Zeremonienmeister haut plötzlich schnell hintereinander Wasser auf die Steine und ich geh einfach nur noch kniend mit dem Kopf zu Boden. Er meinte das wir jetzt nur noch Liebe einatmen, die pure Liebe. Ich erinnere mich an einen Tipp den ich von einer Atemlehrerin während des Gailalda bekommen hatte und übe dies konzentriert – es hilft mir sehr weiter. Und dennoch bin ich kurz vorm Heulen, aber es gibt keinen Ansatz dazu. Vertrauen, ja so ist das also... hm... garnicht so schlecht.

Die Anderen Insassen sind da schon viel weiter sie singen fröhlich ihre Lieder und chanten sich schön einen ein. Sie sitzen da gefasst, konzentriert, Profis. Sie wirken ein wenig wie Ausserirdische von einem Anderen Stern, als würde sie das garnicht tangieren – sicher haben sie schon ganz andere Geistesübungen durch. Wenn ich versuche mitzusingen bekomme ich grade so ein Wort herraus, es dreht ordentlich in der Rübe, ich lasse es wirken und konzentriere mich auf die Atmung. Im Grunde verbringe ich den ganzen dritten Gang, die dritte „Porta“ in der Kindchenstellung mit der Stirn auf dem Boden.
Der Zeremonienmeister gibt einen ordentlichen Wassernachschlag ist aber bemüht uns dabei auch einen ordentlichen Schlag Wasser abzugeben was wir dankbar annehmen. Dann kippt er wieder den Rest des 20 Litereimers über die Steine in der Erdmulde. Es vergehen noch ca. 3 Minuten von denen ich nix mehr weiss. In vor freudigen Einvernehmen wird das öffnen der „Porta“ von den Insassen mit einem „Ahoo“ begrüsst. Ich freue mich schon raus an die frische Luft zu kommen aber die Insassen machen keine Anstalten aus der Hütte zu gehen – der Zeremonienmeister fragt mich ob ich raus will und lässt mich vorsichtig wacker zitternd aus der Schwitzhütte krabbeln.

Vor der Schwitzhütte breche ich augenblicklich zusammen. Endlich kann ich auf der Erde liegen und muss nichtmehr sitzen. Den besorgt fragenden kann ich nach ca. 3 Minuten endlich vermitteln das alles okay ist und ich hier einfach nur liegen muss – HA! wie ein besoffener der im Graben liegt und einfach nicht weg will. Dann bekomme ich 2 ordentliche Wassereimer über und bin nach 10min. Wieder in der Lage mich aufzustellen. Danach geht es zu einer ausgiebig, gründlichen Reinigung in den Bach – was Wasser doch so alles wegzuspülen vermag.

Nachdem auch die letzten Schwitzhütten Insassen – sie haben sich wohl in der offenen Schwitzhütte langsam, meditativ runter kühlen lassen sich gereinigt und bekleidet haben, treffen wir uns alle wieder am Feuer. Es gibt einen Dankescircle der mich sehr ans Rainbow erinnert – wir umarmen uns alle einzeln, gegenseitig und bedanken uns beieinander.


Mein Reiseleiter hatte mir ja schon vor ein paar Tagen erzählt das heute Schwitzhütte bei einem Freund ist. Er erzählte das M. Keine Rituale mache und ich erwartete eine Schwitzhütte ähnlich wie wir sie z.b. beim Gailalda bisher immer gemacht hatten. Dies war allerdings nur ein Trick vom Reiseleiter um mich vor meinen eigenen Erwartungen zu schützen – sehr schlau - Vielen Dank dafür!

Gemessen an dem was ich bisher erleben durfte war dies die authentischste Schwitzhütte. Eine bestimmt aber undogmatisch, entspannte Zeremonie welcher es an Tiefgang und Freude keinesfalls fehlte. Vielleicht schaffen wird das in dieser Qualität ja auch mal bei uns in heimischen Gefilden. Dann aber sicherlich besser ausserhalb des Feier – Kontextes.

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